Meinungen - 13.05.2011 - 00:00 

BP und Shell: Weiter wie bisher?

«Riesig, aber machtlos» hiess die Podiumsdiskussion mit Shell-Verwaltungsratspräsident Jorma Ollila und Robert Dudley, CEO von BP, am St. Gallen Symposium. Eine Einschätzung von Prof. Dr. Thomas Dyllick.
Quelle: HSG Newsroom

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18. Mai 2011. Unter einem Vorgänger des heutigen BP-Chefs wurde das Firmenlogo von British Petroleum im Hinblick auf die (damals) verstärkt in den Vordergrund gerückten erneuerbaren Energien in «Beyond Petroleum» umgeändert. Es sollte damit zum Ausdruck gebracht werden, dass nun verstärkt andere Energieträger als Erdöl erschlossen werden sollten. Seit dem verheerenden Öl-Leck 2010 im Golf von Mexico ist diese strategische Neuausrichtung mittlerweile wieder in den Hintergrund gerückt, bekannte Robert Dudley, CEO von BP. Das Logo stehe wenn schon, dann eher für «Big, but powerless».

Risiko massiv gestiegen

Damit war der Bezug hergestellt zum Thema einer Diskussion mit Jorma Ollila, Verwaltungsratspräsident von Shell, am diesjährigen St. Gallen Symposium, welches mit «Riesig, aber machtlos» überschrieben war. Und angesichts von stark zunehmenden Kosten der Gewinnung von Öl und Gas, dem Einsatz immer waghalsigerer neuer Technologien, aber auch einer stark zunehmenden öffentlichen Sensibilität und offensichtlich stark geforderten Überwachungsbehörden sind die Risiken des Mineralölgeschäfts tatsächlich massiv in die Höhe gegangen. Höhere Risiken wollen aber von den Aktionären durch höhere Renditen belohnt werden, was dazu verführt, noch einmal höhere Risiken einzugehen. So kann wohl kaum davon ausgegangen werden, dass die Risiken der Erdölgewinnung zurück gehen werden. Und «Deepwater Horizon» wird auch kaum ein Einzelfall bleiben.

Das Ende des billigen Erdöls

Damit erleben wir heute nicht nur das Ende des billigen Erdöls, sondern befinden uns auch in einer Zeit stark zunehmender Risiken der weiteren Abdeckung des weiterhin immensen und zunehmenden globalen Energiehungers. So geht BP davon aus, dass die Energienachfrage bis 2030 noch einmal um 30 Prozent nach oben gehen wird, um vor allem die Nachfrage von China und Indien abzudecken. Die Folge ist, dass Öl aus immer grösseren Tiefen, aus immer abgelegeneren Gegenden und mit immer grösserem Aufwand gewonnen wird. Als Alternative steht vor allem einmal Gas im Vordergrund, auch das ein nicht erneuerbarer Rohstoff, welcher die Klimaproblematik weiter, wenn auch etwas weniger stark als Öl verschärft. An erneuerbaren Treibstoffen setzte Shell stark auf Biotreibstoffe aus Zuckerrohr. Insgesamt aber spielten die erneuerbaren Rohstoffe eine vernachlässigbare Rolle, sagte Robert Dudley.

Zurück im Diesseits des Erdöls

Aus dem angestrebten Jenseits des Erdölzeitalters, sind die Mineralölfirmen somit schon längst wieder ins Diesseits des Öl- und Gaszeitalters zurück gekehrt. Und hier geht es weniger um die Entwicklung zukünftiger erneuerbarer Energiequellen, als vielmehr um die Absicherung des bestehenden Geschäfts. Es wurde deutlich aus ihren Aussagen, wie sehr sie sich mit immer grösseren Risiken konfrontiert sehen. Neben den technologischen und politischen Risiken, sind es vor allem extrem volatile Erdölpreise, die ihnen das Leben schwer machen, aber auch die stark zugenommene Macht nationaler Erdölgesellschaften, die heute bereits 80% des Mineralölgeschäfts beherrschen. Deshalb stehen für sie als Themen Risikoausgleich und Vertrauenssicherung stark im Vordergrund. Für BP, das 2010 am Rande des Abgrunds stand, geht es insbesondere um die Wiedergewinnung ihrer öffentlichen Akzeptanz. Robert Dudley betonte mehrfach, wie wichtig es sei, als Grossunternehmen die öffentliche Akzeptanz («license to operate») als Grundlage des Handelns zu sichern und immer wieder neu zu verdienen. In ungewohnter Bescheidenheit betonte er, dass sie jeweils nur Gäste seien, wo sie tätig würden und sich auch entsprechend verhalten müssten. Sie seien nicht mächtig, sondern vor allem vorsichtig.

Klimaverträgliche Alternativen treten in den Hintergrund

Eine solche Einsicht kann natürlich nur vor dem Hintergrund der traumatischen Ereignissen des vergangenen Jahres verstanden werden. Wie stark dies tatsächlich gelebt wird und auch von den betroffenen Bevölkerungen vor Ort erlebt wird, wäre hier sicher zu prüfen. Viel bedenklicher hieraus ist die Einsicht, wie sehr die grossen Mineralölfirmen durch die massiv zugenommenen Risiken der Erdöl- und Gasgewinnung absorbiert sind, so dass die Entwicklung erneuerbarer Energien sowie umwelt- und klimaverträglicher Alternativen für die Zukunft unserer Mobilität offensichtlich für sie kaum noch eine Rolle spielen (können). Das heisst aber: Die erforderlichen Innovationen müssen an anderen Orten entwickelt werden.

Thomas Dyllick, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement, IWÖ-HSG

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