Forschung - 29.09.2021 - 00:00 

Arm im Alter – Neue Wege, um Vorsorgelücken von Frauen zu schliessen

Eine neue Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universität St.Gallen (HSG) analysiert die Vorsorgesituation von Frauen und weist in dem Zusammenhang auf Missstände hin.
Quelle: HSG Newsroom

29. September 2021. Die Renten von Frauen sind in der Schweiz rund ein Drittel niedriger als diejenigen der Männer. Dies kann insbesondere mit unterschiedlichen Erwerbsbiografien erklärt werden. In der Schweiz kommen aber eine Reihe institutioneller Defizite dazu, weshalb unser Land auch im internationalen Vergleich einen überdurchschnittlich hohen «Gender Pension Gap» aufweist. Dazu gehören Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug in der beruflichen Vorsorge sowie eine unzureichende Berücksichtigung von Betreuungszeiten im Vorsorgesystem. Aus sozialpolitischer Sicht ist dies kritisch zu hinterfragen.

Um politische Diskussionen zur Reduktion der «Gender Pension Gap» anzustossen, entwickelt das Institut für Versicherungswirtschaft an der Universität St.Gallen diverse Reformvorschläge und stellte diese im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung (1197 Teilnehmende, durchgeführt von der gfs-Zürich) sowie einer Expertenbefragung (40 Teilnehmende) breit zur Diskussion.

Dabei zeigt sich eine klare Einigkeit zwischen Bevölkerung sowie Expertinnen und Experten, dass

  1. die Eintrittsschwelle für die berufliche Vorsorge abgeschafft werden sollte,
  2. das Eintrittsalter für das Sparen in der beruflichen Vorsorge auf 18 Jahre gesenkt werden sollte und
  3. es eine Möglichkeit geben sollte, etwaige Lücken in der Säule 3a aufgrund von Auszeiten für Kinderbetreuung und Pflege nachzufinanzieren.

«Wir interpretieren die Einigkeit zwischen Bevölkerung und Experten als klaren Handlungsauftrag an die Politik», sagt Martin Eling, Professor für Versicherungswirtschaft an der HSG. «Dies nicht in dem Sinne, dass alle Aspekte umgesetzt werden müssen, aber doch die politische Machbarkeit dieser Vorschläge überprüft werden sollte.» Aus Sicht der Forschenden ist die Reduktion von Eintritts-schwelle und Eintrittsalter sinnvoll und politisch machbar. «Wir sprechen uns auch für eine Öffnung der Säule 3a, eine Reduktion des Koordinationsabzugs sowie eine Erhöhung des Renteneintrittsalters aus – drei weitere Massnahmen, die ohne grössere Systemeingriffe umsetzbar sind», ergänzt Eling.

 

 

 

Studie: «Gender Pension Gap»

 

 

 

Studie: «Gender Pension Gap»

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine neue Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universität St.Gallen (HSG) analysiert die Vorsorgesituation von Frauen und weist in dem Zusammenhang auf Missstände hin.

 

 

 

Die Resultate der Studie zeigen, dass Frauen sich tendenziell später als Männer mit dem Thema Vorsorge befassen und weniger Kenntnisse zu Finanzen und Vorsorge aufweisen. Dementsprechend soll die Studie neben den Vorschlägen zur strukturellen Optimierung auch ein Plädoyer für mehr Eigenverantwortung sein. Dies in der Form, dass Frauen sich möglichst früh mit Vorsorgethemen auseinandersetzen, so dass sie die Weichen für möglichst auskömmliche Pensionen besser setzen können. Es müsse auch eine adäquate Vorsorgelösung für Konkubinatsbeziehungen definiert werden, die heute im Vorsorgesystem noch unzureichend abgebildet sind, sagen die Forschenden.

Kontakt für Rückfragen:

Prof. Dr. Martin Eling, Institut für Versicherungswirtschaft (I.VW-HSG)
martin.eling(at)unisg.ch, +41 71 224 79 80, +41 79 822 81 34, www.ivw.unisg.ch

Bild: Adobe Stock / Michael

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