Forschung - 17.02.2023 - 08:30 

Wie steigert aktives Preismanagement den Unternehmensgewinn?

Der «Preis» ist das ungeliebte Stiefkind im Marketing-Mix. Seine Hebelwirkung für den Unternehmenserfolg wird unterschätzt, argumentieren Sven Reinecke und Laura Johanna Noll in einem neu aufgelegten Papier über aktives Preismanagement.
Quelle: HSG Newsroom
Der «Preis» im Marketing-Mix: Seine Hebelwirkung für den Unternehmenserfolg wird unterschätzt, argumentieren Sven Reinecke und Laura Johanna Noll in einem Papier über aktives Preismanagement.

Wie gelingt es, aus dem «Stiefkind» im Marketing, dem Pricing, jenes Marketinginstrument zu entwickeln, das den Gewinn des Unternehmens am nachhaltigsten positiv beeinflussen kann? Dieser Frage sind die beiden an der HSG tätigen Marketingforschenden Prof. Dr. Sven Reinecke und Dr. Laura Johanna Noll nachgegangen. Im kompakten Booklet «Aktives Preismanagement» präsentieren sie die wichtigsten Rahmenbedingungen und Grundprinzipien des Themas. Dabei greifen sie jene Aspekte heraus, die sich im Rahmen der Weiterbildung der Universität St.Gallen als essentiell für die Unternehmenspraxis bewährt haben.

Preis als Gegenleistung für Funktion, Verfügbarkeit und emotionalen Wert eines Angebots

In volkswirtschaftlichen Lehrbüchern wird der Preis (P) immer auf der Y-Achse dargestellt – er ist also eine abhängige Variable, die sich aufgrund der im Markt angebotenen Menge (Q) ergibt. «Auch wenn dies bezogen auf Gesamtmarktbetrachtungen sinnvoll sein mag, so ist es für das einzelne Unternehmen betriebswirtschaftlicher Unfug», betont Sven Reinecke. Der Preis müsse hier vielmehr eine aktive Gestaltungsvariable sein, den das anbietende Unternehmen selbst festsetzen kann und sollte. «Aufgrund dieser Entscheidung und dem von Kunden wahrgenommenen Wert des Gesamtangebots ergibt der Preis die Menge, die ein Unternehmen im Markt absetzen kann», erklärt Laura Noll. Der Preis sei die Gegenleistung des Abnehmers für die anderen drei wertstiftenden Marketinginstrumente: das Produkt (funktionaler Wert), die Kommunikation (emotionaler Wert) und die Distribution (Verfügbarkeit). 

Fünf Empfehlungen für aktives Preismanagement

Sven Reinecke und Laura Noll empfehlen in ihrem online frei verfügbaren Handbuch «Aktives Preismanagement» fünf Grundsätze, die für ein erfolgreiches Pricing zu beachten sind:

  1. Informationsvorsprung: Wisse immer mehr als Deine Kundinnen und Kunden!
    Eine zentrale Voraussetzung für aktives Preismanagement ist Preiskenntnis. Deshalb müssen sich Preismanagerinnen und Preismanager einen Informationsvorsprung gegenüber ihren Kundinnen und Kunden sowie gegenüber ihrer Konkurrenz verschaffen. Sie müssen stets über mehr Preiskenntnis als die anderen verfügen, um angemessene Preise erfolgreich durchzusetzen. 
  2. Gegenleistungsmanagement 
    Preise erfassen den Wert (value capture) einer Marktleistung. Hierbei steht der individuelle Kundennutzen im Vordergrund. Um angemessene Preise durchsetzen zu können, müssen Unternehmen einen besonderen Nutzen für ihre Kundinnen und Kunden kreieren (value creation). Deshalb bedeutet Preismanagement immer konsequentes Gegenleistungsmanagement. 
  3. Faire Preisdifferenzierung 
    Durch Preisdifferenzierung können unterschiedliche Zahlungsbereitschaften in verschiedenen Kundensegmenten abgeschöpft werden. So lässt sich zusätzlicher Deckungsbeitrag erwirtschaften. Preisdifferenzierung ist wichtig, da sie Spielräume im Preismanagement eröffnet. Sie hat aber auch Grenzen, wie beispielsweise unternehmensinterne Komplexität und Kundenverwirrung. Manche Formen der Preisdifferenzierung verbieten sich aus ethischen Gründen.
  4. Strategisches Marketing
    Unter Preismanagement wird in Anlehnung an die traditionelle St.Galler Managementdefinition das aktive Gestalten, Lenken und Entwickeln (Bleicher, 2011, S. 46) von Preisen verstanden. Der Preis ist kein rein taktisches, sondern ein zentrales, strategisches Marketinginstrument: Preisänderungen wirken allerdings sofort und schlagen sich umgehend in der Nachfrage und im Gewinn eines Unternehmens nieder.
  5. Preisimage 
    Ob ein Preis als gerecht wahrgenommen und akzeptiert wird, hängt von der subjektiven Wahrnehmung der Kundinnen und Kunden ab. Gerechtfertigte Motive und transparente Preise sind für die wahrgenommene Preisfairness und das (Wieder-)Kaufverhalten entscheidend. Deswegen entscheidet am Ende nicht der tatsächliche, sondern der wahrgenommene Preis – und somit das Preisimage.

«Be a price maker, not a price taker»

«Verantwortliche Manager sollten den Preis nicht senken, nur um Marktanteil oder einen imageträchtigen Kunden zu gewinnen», betont Sven Reinecke. Eine klare Handlungsaufforderung für ein professionelles Management habe zum Beispiel Benson P. Shapiro vor langer Zeit schon an der Harvard Business School formuliert: «Be a price maker, not a price taker.»

Prof. Dr. Sven Reinecke ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Marketing & Customer Insight sowie Titularprofessor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St.Gallen.

Dr. Laura Johanna Noll ist Postdoktorandin am Institut für Marketing & Customer Insight sowie Leiterin des Competence Center for Art+ an der Universität St.Gallen.

Bild: Unsplash / Campaign Creators

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