Veranstaltungen - 08.06.2017 - 00:00 

VHB-Tagung: Wie gelingt die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen?

Wie könnten Universitäten und Unternehmen gegenseitig besser voneinander profitieren und Entwicklungen vorantreiben? Wie lässt sich Know-how bündeln? Diese Fragen diskutierte Prof. Dr. Thomas Markus Zellweger (HSG) mit Gästen aus Wissenschaft und Praxis im Rahmen der 79. Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB).
Quelle: HSG Newsroom

9. Juni 2017. Prof. Dr. Gerhard Speckbacher (WU Wien, Department- und Institutsvorstand), Dr. Jürgen Henschel (Technical Director der FAIR GmbH - Facility for Antiproton and Ion Reseach in Europe GmbH), Daniel Weder (CEO des Flugsicherungsunternehmens Skyguide) und Moderator Thomas Markus Zellweger sind sich einig: Das Thema einer gelingenden Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis gewinnt zunehmend an Brisanz. So unterschiedlich wie der Hintergrund der Gäste waren die Blickwinkel, aus welchen sie diskutierten.

Ein Problem sei, so Zellweger bei der Eröffnung der Podiumsdiskussion, die Sichtbarkeit von spezialisierten Forschungsergebnissen. Der Nutzen von Forschungsergebnissen in spezialisierten Bereichen, also Erkenntnisse aus den «kleinen Nischen», seien schwierig nach aussen zu kommunizieren und somit fällt es schwer, sie in betriebliche Zusammenhänge zu integrieren.

Wissenschaft vs. Unternehmen – anderes Denken, anderes Vorgehen?

Ausserdem gebe es drei Bereiche, in denen sich Wissenschaft und Unternehmen in ihrer Vorgehensweise stark unterschieden: Zellweger betrachtet den unterschiedlichen Fokus, die verschiedenen Arbeitsformen und das andersgewichtete Verständnis von Erfolg als Hürden. Während in der Wissenschaft der Fokus auf Teilbereichen liege, die das grosse Ganze nicht zwingend im Blick hätten, braucht es in der Praxis die Umsetzbarkeit einer Lösung für einen gesamten Bereich. In der Praxis suche man nach pragmatischen Lösungen, während die Wissenschaft an wissenschaftlichen Methoden und daraus resultierenden Ergebnissen festhalte. Zudem gelte man in der Forschung dann als erfolgreich, wenn man viele Publikationen veröffentlicht habe. Die Praxis messe ihren Erfolg hingegen z.B. in Gewinn- oder Umsatzzahlen.

Dem widersprach Daniel Weder, CEO von Skyguide. Sein Unternehmen strebe einen grundlegenden Wandel an. Die Skyguide sichert den Flugraum über der Schweiz und den angrenzenden Staaten. In so genannten 'Center' wird der Flugraum überwacht und der Flugverkehr koordiniert. Die Center arbeiten bisher unabhängig voneinander. Der Pilot ist das verbindende Glied. Durch einen Wechsel der Funkfrequenz holt er sich die nötigen Informationen des jeweils zuständigen Centers. Weder und sein Team arbeiten jetzt eng mit Universitäten in ganz Europa zusammen, u.a. auch der HSG, um den Veränderungsprozess zu vollziehen und die Center untereinander zu vernetzen.

Erkenntnisgewinnende Grundlagenforschung mit praxisrelevanten Ergebnissen

Dr. Jürgen Henschel, der Technical Director der FAIR GmbH, berichtete von dem Spannungsfeld zwischen Ansprüchen, die die Forschenden an das Institut herantragen, den Ansprüchen, die die Administration hat und den Anforderungen, die der Bau und das Einrichten einer Weltklasse-Forschungsinstitution mit sich bringe. Alle Ansprüche und Anforderungen sind legitim, jedoch oftmals schwer miteinander vereinbar. Zudem seien die Gebiete gerade in der Grundlagenforschung oftmals extrem spezialisiert. Der Nutzen und die Erkenntnisse, die diese Forschung bringen, seien nach aussen schwer zu kommunizieren. Immerhin, fügt er verschmitzt an, seien sie in den Schulbüchern verewigt, da sie weitere Elemente entdeckt hätten.

Interdisziplinäres Arbeiten durch universitäre Strukturen fördern

Auch Universitäten fördern durch Umstrukturierungen interdisziplinäres Arbeiten und die Sichtbarkeit von Forschungsergebnissen für die Praxis. An der WU Wien formierte Prof. Dr. Gerhard Speckbacher aus einzelnen Lehrstühlen das Institut für Unternehmensführung, das heute aus funktional gegliederten (z.B. Marketing, Accounting) und themenübergreifenden Departements (z.B. Strategie & Innovation) besteht. Um neben der funktionalen Ausrichtung innerhalb des Instituts Querverbindungen bzw. interdisziplinäres Arbeiten zu fördern, wurden entsprechende Forschungsstellen und sogenannte Kompetenzzentren eingerichtet, in denen die Kooperation zwischen Forschung und Unternehmen im Mittelpunkt steht. Des Weiteren, betonte auch er, sei es wichtig, ein institutsübergreifendes Bild nach aussen publik zu machen

Multifunktionale Probleme verlangen multifunktionale Lösungen

Während der Diskussion waren sich die Teilnehmer einig: Multifunktionale Probleme verlangen multifunktionale Lösungen. Somit wird interdisziplinäres Arbeiten und Forschen zunehmend bedeutender. Gleichzeitig muss Wissen gebündelt werden, um es für die Praxis handhabbar zu machen. Anreizsysteme könnten interdisziplinäre Forschung attraktiver machen. Dies könnten u.a. finanzielle Zulagen sein, ein Datenaustausch zwischen Wissenschaft und Unternehmen oder eine grössere Steuerung durch die Regierung.

Am Ende der Diskussion betonte Weder, dass eine Zusammenarbeit auf höchstem Level beginnen sollte. Speckbacher stellte hingegen heraus, dass es wichtig sei, auf beiden Seiten die eigene Erwartungshaltung und die des Gegenübers zu klären. Auf den Punkt brachte es Henschel: «Reden, reden, reden! » Kommunikation zwischen allen Partnern sei entscheidend für die gelingende Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Unternehmen.

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