Hintergrund - 01.04.2019 - 00:00 

START Summit 2019: LegalTech

Was verbirgt sich hinter dem Begriff «LegalTech» und welche Chancen und Risiken sind damit verbunden? Auf dem START Summit 2019 sprach Studentenreporter Sascha Duric mit Florian Gunz Niedermann von der Anwaltskanzlei Walder Wyss.
Quelle: HSG Newsroom

1. April 2019. Am diesjährigen START Summit drehte sich alles um Artificial Intelligence, Blockchain, Virtual Reality und das Internet der Dinge. Die Digitalisierung macht auch vor dem Recht keinen Halt, wenn auch mit leichter Verzögerung. Das Buzzword «LegalTech» bezeichnet den Einsatz digitaler Technologien in juristischen Arbeitsprozessen. Dass diese Technologien die Arbeitswelt von Juristen und Anwälten grundlegend verändern werden, ist mittlerweile anerkannt.

«LegalTech» ist in aller Munde, doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff?

In der Tat ist «LegalTech» ein weit gefasster Begriff. Zentral verstehen wir darunter die Automatisierung von Prozessen wie beispielsweise «Smart Contracts». Ferner können wir mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz z.B. bei der Due-Diligence-Prüfung vorzeitige Risiken durch den Einsatz von Algorithmen erkennen.

Wo sehen Sie die Chancen und Risiken diesbezüglich?

Nun die Chancen sind offensichtlich. Durch den Einsatz von «LegalTech» können wir die Effizienz steigern und dadurch leistungsfähigere, kostengünstigere und konkurrenzfähigere Produkte herstellen. Mit der Automatisation ist jedoch zwangsläufig die Standardisierung und Vereinheitlichung von Prozessen verbunden. Gleichwohl wird es immer ein Bedürfnis für individuelle z.B. Due-Diligence/AI-Lösungen geben, um die jeweiligen kundenspezifischen Risiken zu minimieren. Zurzeit sind die aktuellen Tools auf dem Markt noch nicht genügend ausgereift, damit sie z.B. sämtliche Vertragsklauseln abdecken, wodurch Risiken entstehen. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Optimierung der Produkte Zeit in Anspruch nimmt und die Algorithmen in Zukunft immer präziser arbeiten werden.

Die Angst vor der Vollautomatisierung ist bei Juristen und Anwälten allgegenwärtig. Finden Sie diese Bedenken nachvollziehbar?

Generell sollten wir keine Angst vor dieser Entwicklung haben. Selbstverständlich wird es Bereiche geben, welche nicht mehr so benötigt werden, wie diese heute existieren, jedoch ist dies keine negative Entwicklung. Der Einsatz von Juristen und Anwälten wird nie vollständig automatisiert werden, sondern entsprechend durch den Einsatz von «LegalTech» ergänzt. Dennoch sollte insbesondere in Gebieten, mit vorwiegend repetitiven Aufgaben, der technologische Fortschritt berücksichtigt werden, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Rechtsbereich werden neue Fähigkeiten gefragt. Sehen Sie die klassische universitäre Ausbildung als noch zeitgemäss an?

Ich betrachte die universitäre Ausbildung durchaus als zeitgemäss, da den Studierenden an der Universität ein breites Fachwissen beigebracht wird. Selbstverständlich ist es vorteilhaft, wenn Studierende Nebenkurse im Bereich «LegalTech» besuchen, jedoch erachte ich die klare Vertiefung und Professionalisierung als Jurist im juristischen Bereich und als Tech Engineer im technischen Bereich als wesentlich.

Auch dieses Jahr ist Ihre Kanzlei erneut als eine von wenigen Kanzleien in der Schweiz am START Summit präsent. Woran liegt das?

Traditionellerweise sind wir eine von wenigen Kanzleien, die am START Summit und ähnlichen Konferenzen teilnimmt. Wir investieren beachtliche Personal- und Zeitressourcen und sehen unseren Einsatz als eine Art Langzeitinvestition. Insbesondere der nachfragende Start-up Markt agiert sehr flexibel und erfordert von den jeweiligen Kanzleien Fachwissen und Erfahrung im Bereich Start-up. Solche Konferenzen sollten stets ein Gewinn für beide Parteien sein und nicht nur ein «branding without content» einer Kanzlei.

Sascha Duric studiert Rechtswissenschaften im Master-Programm der Universität St.Gallen.

Bild: Adobe Stock /thodonal

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