Meinungen - 07.03.2022 - 00:00 

Spenden-Organisationen von enormen Gebühren befreien

Viele wollen den Menschen in der Ukraine mit Geld- oder Sachspenden helfen. Dabei sind etwa zwei Prozent des Spendenbetrags für die Zahlungsabwicklung abzuführen. Wäre es nicht ein tolles Signal, wenn die Zahlungsabwickler die Gebühren für in der Schweiz ansässige karitative Organisationen senken? Ein Meinungsbeitrag von Martin Eling.
Quelle: HSG Newsroom

7 März 2022. Schockiert vom brutalen Angriffs-Krieg überlegen viele, wie sie den Menschen in der Ukraine helfen können, sei es durch Geld- oder Sachspenden. Auch ich habe für die Menschen in der Ukraine gespendet. Dabei wurde ich darauf aufmerksam, dass etwa zwei Prozent des Spendenbetrags für die Zahlungsabwicklung abzuführen sind. Ich verstehe natürlich, dass die Zahlungsabwickler für ihren Service angemessen entlohnt werden müssen. Aber ich finde das Volumen von etwa zwei Prozent zumindest bei karitativen Organisationen schwierig.

Leider sind die Gebühren für das Bezahlen mit Kreditkarte hoch, so auch für Debitkarten und Twint. Diese Gebühren werden dabei nicht von der zahlenden Person, sondern vom Empfänger des Geldes gezahlt. Die verschiedenen Anbieter im Bereich der Zahlungsabwicklung (z.B. Visa, Mastercard, Viseca, Worldline) verdienen sehr gut. Die genauen Bedingungen sind vertraulich und werden individuell ausgehandelt. Tatsächlich erscheint es aber stossend, wenn karitative Organisationen zwei Prozent des Spendenbetrages für die Zahlungsabwicklung abführen müssen. Wäre es nicht ein tolles Signal, wenn die Zahlungsabwickler die Gebühren für in der Schweiz ansässige karitative Organisationen senken? Oder den damit erzielten Gewinn abgeben?

Die folgende Rechnung mag etwas grob erscheinen, verdeutlicht aber die Dimension in der diese Idee zu denken ist. Das Spendenvolumen beträgt in der Schweiz derzeit etwa zwei Milliarden Franken. Zwei Prozent davon sind 40 Millionen Franken. Wenn die Zahlungs-Abwickler bereit wären karitativen Organisation ihren Service zu Selbstkosten anzubieten und so beispielsweise nur ein statt zwei Prozent verrechnen wären es 20 Millionen Franken, welche für einen guten Zweck umgeleitet werden könnten. Und wenn die Gegebenheiten in Deutschland und Österreich ähnlich sind ein Vielfaches davon. Da sich die Gebühren auf viele Anbieter aufteilen (Banken, IT-Firmen, Kreditkartenfirmen) könnte man mit einem relativ begrenzten Mitteleinsatz - auf Ebene der einzelnen Firmen - einen relativ grossen Impact erzielen. Und die Firmen können gleichzeitig ein sehr schönes Signal im Sinne von mehr Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung setzen.

Andere Netzinfrastrukturen wie Stromnetze, Telekomnetze oder Bahnnetze werden reguliert und die Anbieter können nur die tatsächlichen Kosten einschliesslich eines angemessener Kapitalkosten in Rechnung stellen. Ich würde aus der liberalen Tradition der Schweiz heraus nicht eine derartige Regulierung fordern, da sie auch mit erheblichen Nachteilen für den Konsumenten verbunden ist. Bei karitativen Organisationen sollten die Anbieter aber bereit sein, auf Gebühren oder zumindest auf Gewinne zu verzichten. In anderen Bereichen funktioniert es auch. So können Kunden von zahlreichen Telefongesellschaften derzeit gratis in die Ukraine telefonieren.

Martin Eling ist Ordentlicher Professor für Versicherungswirtschaft am I.VW-HSG.

Bild: Adobe Stock / agcreativelab

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