Meinungen - 25.06.2013 - 00:00 

Sicherung der Altersvorsorge

Bundesrat Alain Berset hat die Eckpunkte der Schweizer Rentenreform vorgelegt. Die Vorschläge sollen für Generationengerechtigkeit sorgen. Eine Einschätzung von HSG-Professor Martin Eling.
Quelle: HSG Newsroom

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25. Juni 2013. Der Bundesrat geht ans Eingemachte: So soll unter anderem das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre erhöht werden, der Pensionskassen-Mindestumwandlungssatz von 6.8% auf 6.0% reduziert werden und 2%-Punkte der Mehrwertsteuer in die Finanzierung der AHV eingehen. Wie sind die aktuellen Reformvorschläge des Bundesrates zu bewerten? 

Gemäss der politischen Diskussion sollen Säule 1 und 2 gemeinsam reformiert werden. Dies ist grundsätzlich zu begrüssen, da es grosse Schnittmengen in den Reformthemen gibt – so etwa beim Rentenalter. Für die AHV gehen die Vorschläge dahin, das gesetzliche Rentenalter auch für Frauen auf 65 zu erhöhen, Anreize zu schaffen, um länger zu arbeiten und eine Kompensation für tiefe Einkommen vorzusehen. In der beruflichen Vorsorge (Säule 2) wird ein niedrigerer Umwandlungssatz diskutiert, wobei auch hier eine Kompensation für tiefe Einkommen sowie für die Übergangsgeneration angedacht ist.

Reformtempo erhöhen
Ein umfassendes Reformpaket also, das Vorschläge unterschiedlicher Parteien integriert. Die Stossrichtung ist dabei aus Perspektive der Generationengerechtigkeit grundsätzlich gut. Der Prozess ist jedoch zu langsam: Eine Implementierung ist erst im Jahr 2020 geplant (mit einer Abstimmung im Jahr 2018). Gemäss der aktuellen Perspektivrechnung des Institutes für Versicherungswirtschaft an der HSG fallen bis dann  alleine in der beruflichen Vorsorge Defizite in zweistelliger Milliardenhöhe an. Mehr Reformtempo wäre aus Perspektive der Generationengerechtigkeit sehr zu begrüssen, ist aus politischen Erwägungen aber wohl unrealistisch.

Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters für Frauen auf 65 Jahre ist ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Ein noch höheres Renteneintrittsalter oder eine regelgebundene Anpassung an die Entwicklung der Lebenserwartung sollte jedoch diskutiert werden. Bei einer integrierten Reform der Alterssicherung ist auch auf die Trennung zwischen erster und zweiter Säule zu achten, um die wichtigen Stärken des Drei-Säulen-Systems nicht zu gefährden. Das heisst, auf der einen Seite das Prinzip der Solidarität zwischen Jung und Alt in Säule 1 und auf der anderen Seite das Prinzip des wirtschaftlichen Eigentums in Säule 2.

Erfolgsfaktoren für die Umsetzung
Aus internationalen Vergleichsstudien lassen sich drei Erfolgsfaktoren für Rentenreformen ableiten. Zunächst wird ein breiter Konsens bezüglich Schlüsselelementen einer Reform benötigt. Die Ziele aller am Reformprozess beteiligten Akteure (Gewerkschaften, Arbeitgeber, politische Parteien) müssen berücksichtigt werden. Die Einführung von selbstregulierenden Mechanismen kann als zweiter Erfolgsfaktor identifiziert werden; also eine Entpolitisierung der Entscheidungsparameter in einer objektiven Form. Schliesslich werden grundlegende Reformen, die auf transparenten Grundsätzen beruhen, besser aufgenommen als geringfügige Reformen.

Mit Blick auf diese drei Leitlinien erscheint eine grundlegende Reform der Alterssicherung Erfolg versprechend, solange sie die Probleme der ersten und zweiten Säule untersucht und durch flankierende Massnahmen unterstützt. Zu guter Letzt hat die Politik die Aufgabe, die Reform dem Stimmvolk zu vermitteln. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung sich der Probleme in der Alterssicherung bewusst ist und für eine Reform plädiert. Aus Perspektive der Generationengerechtigkeit ist sehr zu hoffen, dass das Schweizer Reformprojekt gelingt.

Bild: Photocase /  Madochab

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