Veranstaltungen - 08.05.2015 - 00:00 

Papiertiger in der Kritik

Wie stark sind die Allianzen NATO und EU? Haben sie genug Einfluss, um Konflikten zu begegnen? Am zweiten Tag des 45. St. Gallen Symposiums stellte sich Anders Fogh Rasmussen, ehemaliger Generalsekretär der NATO, den Fragen von BBC-Moderator Stephen Sackur.
Quelle: HSG Newsroom

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8. Mai 2015. Ist das Atlantische Bündnis NATO gewappnet, um Konflikte einzudämmen und Krisen zu bewältigen? Oder wird es zunehmend zum Spielball geopolitischer Interessen? «Die anhaltenden Gefechte in der Ukraine, die humanitäre Katastrophe in Syrien und die Not von Menschen, die über das Mittelmeer nach Europa fliehen, lassen Gegenteiliges vermuten», eröffnete BBC-Moderator Stephen Sackur die Diskussion mit dem dänischen Symposiumsgast Anders Fogh Rasmussen.

Sicherheit ist nicht selbstverständlich

Auf dem Podium «Klein ist schön, aber nicht sicher: Die Asymmetrie militärischer Allianzen» nahm Sackur kein Blatt vor den Mund. Auf die Funktions- und Entscheidungsfähigkeit der Institution NATO angesprochen, zeigte sich Rasmussen betont optimistisch. Alle 28 Mitglieder sollten künftig die gleiche Verantwortung tragen und sich für die Belange des Bündnisses engagieren. 70 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs sei die NATO noch immer das grösste Rahmenwerk für ein «friedliches» Zusammenleben der Bündnispartner.

Mit Blick auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine lenkte Rasmussen ein, dass NATO und EU die Agenda von Russland nicht immer richtig interpretiert hätten. Gerade darum plädiere er für eine verstärkte Kooperation und Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit des Westens. «Niemand in der NATO hat Interesse, in einen bewaffneten Konflikt mit Russland einzutreten. Deshalb hat der Westen Sanktionen verhängt.» Sackur bezweifelte, dass Sanktionen auf Dauer die gewünschte Wirkung erzielten und fragte nach der Rolle der USA. Frieden sei nur zu gewährleisten, wenn sich in der Allianz starke Partner wie die USA für die Interessen kleinerer Bündnispartner einsetzten, entgegnete Rasmussen. «Wir brauchen das amerikanische Engagement, um Dinge bewegen zu können. Wir müssen vorbereitet sein, um auf Terror, Konflikt oder Cyber-Attacken reagieren zu können.»

«Beschwichtigungspolitik führt nicht zu Frieden»

Konfrontiert mit der Frage, welche Allianz derzeit weniger gut funktioniere, EU oder NATO, betonte er nochmals die traditionelle Rolle beider Organisationen als Allianzen für den Frieden. Gleichwohl agiere die Europäische Union bisweilen zu pazifistisch: «Ich persönlich bin für eine robustere Herangehensweise», sagte Rasmussen. Sein Wunsch für beide Institutionen: «Meine Devise für Konfliktlösung: Sprich leise, aber sei einsatzbereit und trage einen Stock».

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