Forschung - 06.12.2013 - 00:00 

«Labor Schweiz»

Das Schweizer Steuersystem ist ausserordentlich föderalistisch. Die Ergebnisse eines SNF-Projektes ermöglichen es, die Steuerentwicklung von Kantonen einzusehen und zu vergleichen.
Quelle: HSG Newsroom

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6. Dezember 2013. Kein anderes Land ist institutionell und politisch so vielfältig wie die Schweiz. Ganz besonders ausgeprägt ist diese Vielfalt bei den öffentlichen Finanzen. Unsere 26 Kantone und gegen 2500 Gemeinden geniessen weltweit einmalige Freiheiten in der Festlegung ihrer Steuern und der Verwendung ihrer Steuereinnahmen. Dieses dezentrale Staatsgebilde – wenn auch kein Allerheilmittel – ist fester Bestandteil des schweizerischen Selbstverständnisses und hat zweifelslos Anteil an der Stabilität und am wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes.

Ein ideales statistisches Labor

Für eine Untergattung der Spezies Mensch ist der helvetische Fiskalföderalismus zudem eine ganz besonders willkommene Bescherung: den empirischen Wirtschaftswissenschaftler (männlichen wie weiblichen Geschlechts und – wie es sich für die Schweiz gehört – in allen Landesteilen vertreten). Nichts ist für den angewandten Forscher nämlich so wertvoll wie die Kombination von vielen und langen Datenreihen. Da die Schweiz schon seit geraumer Zeit in ziemlich unveränderter Form existiert, bietet sie lange Beobachtungshorizonte. Und dank ihrer dezentralen Organisation offeriert sie potenziell eine grosse Zahl an Beobachtungseinheiten – ein ideales statistisches Labor also.

In Kantonen und Gemeinden sammeln

Der Haken an der dezentralen Organisation ist, dass wirtschaftspolitische Daten oft nur auf lokaler Ebene erhoben und aufbewahrt werden. Um das «Labor Schweiz» so richtig wissenschaftlich nutzen zu können, muss daher vieles an statistischem Rohmaterial erst in den Kantonen und Gemeinden eingesammelt werden. Eben diese Datensammlerei ist zentraler Bestandteil des Synergia-Projektes «The Swiss Confederation: A Natural Laboratory for Research on Fiscal and Political Decentralization», das für weitere drei Jahre vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt wird. Geleitet wird es von Monika Bütler (St.Gallen), Marius Brülhart (Lausanne), Mario Jametti (Lugano) und Kurt Schmidheiny (Basel).

Datenanimation für Entwicklungsvergleich

Um die Früchte der Arbeit des Teams einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ist eine neue Internetseite eingerichtet worden: fiscalfederalism.ch Dort werden die Forschungsergebnisse laufend publizieren und auch neues Datenmaterial ablegt. Mit der Datenanimation der Website lässt sich zudem die Entwicklung der kantonalen Steuerlandschaft seit 1996 darstellen. So kann man zum Beispiel betrachten, wie sich der Kanton Schwyz zu einem Steuerparadies für Gutverdienende entwickelt hat. Für den Kanton St. Gallen sieht die Entwicklung von Steuerbelastung und Einkommen etwas weniger rosig aus: die Reduktion der Einkommenssteuer wurde – im Gegensatz zum Kanton Schwyz ‒ nicht von einer Erhöhung des steuerbaren Einkommens begleitet.

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