Meinungen - 06.06.2013 - 00:00 

Jahrhundertflut für Versicherungen

Erneut wird von einer Jahrhundertflut gesprochen. Die Wasserpegel erreichen historische Höchststände, so etwa in Passau, wo ein Rekord aus dem Jahr 1501 übertroffen wurde. Martin Eling über die Versicherungslage.
Quelle: HSG Newsroom

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6. Juni 2013. Die finanziellen Folgen des Hochwassers sind derzeit noch kaum zu beziffern. Auf der sicheren Seite sind Hausbesitzer mit einer Elementarschadenversicherung, welche vor den finanziellen Folgen derartiger Ereignissen schützt. Allerdings sind viele Gebäude in den betroffenen Katastrophengebieten nicht gegen diese Schäden versichert.

Laut Angaben des Deutschen Gesamtverbands der Versicherer besitzen in Deutschland lediglich 32 Prozent der Haushalte eine Elementarschadenversicherung für ihr Wohngebäude. Beim Elbe-Hochwasser 2002 waren es noch 19 Prozent, so dass ein höheres Bewusstsein für die Problematik festzustellen ist. Dennoch verbleiben 68 Prozent der Haushalte mit substanziellen Schäden, die nicht durch eine Versicherung gedeckt sind. Der Ruf nach staatlicher Unterstützung wird laut, im Wahljahr stösst dies bei der Politik auf grossen Anklang.

Staat als Helfer in der Not
Wie wäre die Situation bei einem entsprechenden Ereignis in der Schweiz? Anders als in Deutschland ist die Elementarschadenversicherung in der Schweiz eine Pflichtversicherung. Also ist der Abschluss einer Police für alle Hausbesitzer verpflichtend. In 19 Kantonen wird die Feuer- und Elementarschadenversicherung für Gebäude durch die kantonalen Gebäudeversicherngen als Monopol betrieben.

In den übrigen sieben Kantonen versichert die Privatassekuranz die Gebäude gegen Feuer und Elementarschaden. Diese werden als die GUSTAVO-Kantone (Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Wallis und Obwalden) bezeichnet. Die Privatversicherer unterstehen dabei im Unterschied zu den kantonalen Gebäudeversicherungen der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht. Eine weitere Besonderheit der Schweizerischen Elementarschadenversicherung ist der Elementarschadenpool. Dieser Pool ist ein Zusammenschluss der Privatversicherer in dem etwaige Schäden über alle Versicherer umgelegt werden, so dass alle Hausbesitzer mit einer einheitlichen Prämie versichert werden können. Staatliche Unterstützung wie in Deutschland wäre folglich in der Schweiz nicht zwingend erforderlich.

Klimawandel verändert Versicherungslage
Generell lässt sich weltweit eine zunehmende Anzahl und Intensität an Naturkatastrophen beobachten. Häufig werden diese mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. So zeigt eine aktuelle Studie für Deutschland, dass der Klimawandel mehr Starkregenfälle als früher bewirkt. Dies verstärkt tendenziell Hochwasserereignisse. Weltweit verursachten Naturkatastrophen im Jahr 2012 gesamtwirtschaftliche Schäden von rund 160 Milliarden US-Dollar.

Den grössten Schaden mit etwa 50 Milliarden US-Dollar richtete dabei der Hurrikan Sandy in den USA an. Auch hier wurden die hohen Schadensummen nicht durch den Sturm selbst, sondern durch die mit dem Sturm verbundene Sturmflut angerichtet, welche zum Beispiel die Stadt New York einige Tage lahm legte. Einen historischen Rekordwert haben die gesamtwirtschaftlichen Schäden im Jahr 2011 erreicht: 400 Milliarden US-Dollar. In dieses Jahr fallen das Erdbeben und die Überflutungen in Japan und Neuseeland sowie die schweren Überschwemmungen in Thailand.

Katastrophenschutz durch gute Planung
Aus versicherungstechnischer Perspektive erscheint bedeutsam, dass neben der Bereitstellung von Versicherungsschutz wirksame Schadenverhütungsmassnahmen ergriffen werden. Sicherlich wurden hier seit dem Elbe Hochwasser 2002 in Deutschland wichtige Fortschritte erzielt. Für Extremereignisse wie Hochwasser sind aber Massnahmen wie Deiche und kluge umweltpolitische Planungen (etwa weniger Betonierung der Landschaft) das effektivere Instrument als eine Finanzierung durch Versicherungsschutz oder durch den Staat.

Die Vielzahl der Naturkatastrophen verändert die Versicherungslage. Bei der Kalkulation der Versicherungsprämien kann nicht mehr allein auf historische Schadendaten abgestellt werden. Vielmehr sind Änderungsrisiken in der Berechnung zu berücksichtigen, die mittelfristig zu steigenden Versicherungsprämien führen werden. Dies gilt für Deutschland wie für die Schweiz – mit dem Unterschied, dass in der Schweiz der Ruf nach staatlicher Hilfe nicht so schnell kommen wird.

Bild: Photocase / Fototoxisch

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