Forschung - 10.11.2021 - 00:00 

Instant Messages – für Fragen zu Nutzerdemografie und Datenschutz von grosser Bedeutung

Eine Studie der Universität St.Gallen legt nahe, dass der Sprachgebrauch in privaten Sofortnachrichten (engl. «Instant Messages») Rückschlüsse auf Alter und Geschlecht der Nutzerinnen und Nutzer zulässt. Digitale Sprachspuren, die von privaten Sofortnachrichten wie WhatsApp hinterlassen werden, könnten Technologieunternehmen das Erstellen von Nutzerprofilen sowie eine Kundenansprache über die demografischen Daten hinaus ermöglichen.
Quelle: HSG Newsroom

10. November 2021. Mit der allgegenwärtigen globalen Nutzung von Smartphones sind Textnachrichten zu einer der am weitesten verbreiteten Kommunikationsarten geworden – und damit auch zu einer der häufigsten Arten digitaler Daten. Neuste Erkenntnisse aus einer Forschungsarbeit von Prof. Dr. Clemens Stachl des Institute of Behavioral Science and Technology (IBT-HSG) an der Universität St.Gallen, Timo Koch der Ludwig-Maximilians-Universität München und Peter Romero der Keio University zeigen, dass es deutliche sprachliche Unterschiede zwischen Geschlechtern und Altersgruppen gibt. Diese Unterschiede in der Sprachverwendung erlauben mithilfe von maschinellem Lernen eine Vorhersage der Nutzerdemografie.

Im Rahmen der Studie wurden über 300.000 WhatsApp-Nachrichten von 226 freiwilligen deutschen Teilnehmenden analysiert. Einige der wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich der Alters- und Geschlechtsunterschiede im Zusammenhang mit Sprache:

  • Jüngere Teilnehmende verwendeten in ihren privaten Nachrichten häufiger die erste Person Singular (z.B. «ich» oder «mich»), eine informelle Sprache (z.B. «geil») sowie Emoticons (z.B. «:)»).
  • Weibliche Nutzerinnen tendierten dazu, häufiger Emojis zu verwenden und setzten eine breitere Palette dieser ein als die männlichen Teilnehmer. Ausserdem verwendeten Frauen in ihren Nachrichten eine grössere Anzahl Funktionswörter, insbesondere Personalpronomen in der ersten Person Singular.
  • Männer hingegen erzielten höhere Werte bei der Sprachvariable «analytisches Denken». Sie wird aus der Verwendung von z. B. Personalpronomen und Konjunktionen berechnet.

Die Studie gibt Aufschluss darüber, dass private Sofortnachrichten gar eine höhere Aussagekraft über die Merkmale der jeweiligen Nutzer aufweisen könnten als öffentliche Beiträge in sozialen Medien. Denn in privaten Chats geben Personen mehr von sich selbst preis. Folglich ermögliche dies Technologieunternehmen, digitale Sprachspuren in Sofortnachrichten zur Erstellung von Nutzerprofilen zu verwenden, was über die demografischen Datenangaben hinaus die individuellen Datenschutzrechte bedrohen könnte.

Angesichts des allgemeinen Trends weg vom öffentlichen Posting und hin zur privaten Kommunikation werfen die Erkenntnisse die Frage auf, wie «Instant-Messaging»-Daten zukünftig geschützt werden sollten.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal Computers in Human Behavior veröffentlicht und können unter folgendem Link aufgerufen werden:
https://doi.org/10.1016/j.chb.2021.106990

Institute of Behavioral Science and Technology (IBT-HSG)

Die Beziehung zwischen Menschen und Technik entwickelt sich stetig weiter. Deshalb gründete die HSG im Jahr 2021 das Institute of Behavioral Science and Technology (IBT-HSG), einen aus dem Marketinginstitut ausgegliederten Bereich. Das neu gegründete Institut ist auf interdisziplinäre Forschung spezialisiert, die evidenzbasierte Erkenntnisse liefert. Ziele ist es, die Beziehung zwischen Menschen und Gesellschaft besser zu verstehen, diese weiter auch vorherzusagen sowie ein Verständnis ihrer Auswirkungen auf Individuen, Organisationen und die Gesellschaft als Ganzes zu schaffen.

Geleitet wird das Institut von Christian Hildebrand, Clemens Stachl und Emanuel De Bellis. Gemeinsam erforschen sie Bereiche der Robotik, konversationellen KI, mobiler Sensorik sowie digitaler Ethik.

Kontakt für Rückfragen:

Prof. Dr. Clemens Stachl, Assoziierter Professor für Verhaltenswissenschaften an der Universität St.Gallen (HSG)
clemens.stachl(at)unisg.ch, www.ibt.unisg.ch

Timo Koch, Department Psychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
timo.koch(at)psy.lmu.de

Bild: Adobe Stock / Alex Ruhl

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