Leute - 18.11.2011 - 00:00 

Gratulation an Mario Monti

Der neue Präsident des italienischen Ministerrats, Prof. Dr. Mario Monti, ist mit der Universität St.Gallen in vielfacher Weise verbunden. Eine Würdigung des HSG-Ehrendoktors von Prof. Dr. Carl Baudenbacher.
Quelle: HSG Newsroom

$alt

18. November 2011. Mitte der 2000-er Jahre trat Mario Monti mehrfach als Keynote Speaker am St.Gallen International Competition Law Forum ICF auf. Das «St.Galler Tagblatt» verglich seinen eleganten, zurückhaltenden Stil mit dem eines italienischen Conte. Auch heute betonen Kommentatoren aus aller Welt Montis formvollendete Manieren, seinen souveränen Auftritt und seine Weltläufigkeit. Dabei geht es nicht nur um Äusserliches. Italien braucht nicht nur ein glaubwürdiges Sparprogramm zum Abbau der Staatsverschuldung und eine Wachstumsinitiative, die strukturelle Reformen voraussetzt. Das Vertrauen der Kreditmärkte und die Achtung der europäischen und aussereuropäischen Partner werden nur zurückkehren, wenn sich auch die Alltagskultur ändert. Montis Seriosität und Weltläufigkeit stehen dabei in scharfem Kontrast zur Effekthascherei und Provinzialität, welche die italienische Politik in den letzten Jahren geprägt haben.

Ehrendoktorwürde der HSG im Jahr 2004

Als Mario Monti im Jahr 2004 nach St.Gallen kam, um den Titel eines Dr. iur. HSG h.c. entgegenzunehmen, stand er auf dem Höhepunkt seiner Karriere als EU-Kommissar. Das überraschende Ende der Kommission Santer, in der er für den Binnenmarkt zuständig war, hatte er vollkommen schadlos überstanden. Als Kommissar für Wettbewerb hatte er dem amerikanischen Softwaregiganten Microsoft die Grenzen aufgezeigt, die rein amerikanische Fusion von General Electric und Honeywell untersagt, eine radikale Reform des EU-Kartellrechts einschliesslich des Fusionskontrollrechts durchgesetzt und, zusammen mit den amerikanischen Kartellbehörden, das International Competition Network (ICN) ins Leben gerufen. Das ICN ist ein Instrument der Global Governance, das auch Vorbildcharakter für andere Politikbereiche haben könnte. Es sind freilich nicht nur Unnachgiebigkeit und Härte, welche Montis Stil als Kommissar kennzeichneten. Hohe Beamte, die ihm damals zuarbeiteten, haben immer darauf hingewiesen, dass er seine Entscheidungen mit grosser Vor- und Umsicht vorbereitet hat. Man sollte auch nicht vergessen, dass Monti etwa im Jahr 2002 drei grosse Niederlagen vor dem Gericht der EU erlitt, die seinem Ansehen keinen Abbruch taten, weil er sofort Konsequenzen zog. Insbesondere, indem er den ökonomischen Sachverstand der Generaldirektion Wettbewerb stärkte und die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens verbesserte.

Zusammenarbeit mit CEMS-Universität Bocconi
Nach seiner Zeit als EU-Kommissar wurde Mario Monti unter anderem Berater bei Goldman Sachs und setzte sich für die weitere Vollendung des Binnenmarktes und eine Föderalisierung der EU ein. An der HSG hielt er im Wintersemester 2005/2006 zusammen mit dem Verfasser dieser Zeilen die Vorlesung «Decisionmaking in European Institutions», welche die Grundlage für den Aufbau eines englischsprachigen juristischen Curriculums legte. Monti machte damit auf eine einmalige Weise deutlich, wie sehr seiner Heimat-Universität Luigi Bocconi, deren Rektor und Präsident er war, an der Zusammenarbeit mit der HSG lag. Bocconi und St.Gallen gehören zu den treibenden Kräften in der Community of European Management Schools CEMS.

Glücksfall für Italien

Monti ist als überzeugter Wirtschaftsliberaler mit sozialem Gewissen ein Glücksfall für Italien. Damit der neue Presidente del Consiglio Erfolg hat, braucht er Goodwill auch ausserhalb seines Heimatlandes. In der EU und ihren Hauptstädten darf er dieser Unterstützung angesichts des hervorragenden Rufes, den er sich als Universitätsprofessor und EU-Kommissar geschaffen hat, gewiss sein. Monti ist aber auch ein exzellenter Kenner der Schweiz; er verbringt seine Sommerferien seit vielen Jahren im Engadin. Die Schweiz sollte ihm die Hand reichen und alles daran setzen, um das schwierig gewordene bilaterale Verhältnis zu Italien wieder in Ordnung zu bringen. Aufgrund seiner geographischen Lage, der traditionell engen Wirtschaftsbeziehungen, der italienischsprachigen Bevölkerung im Tessin und in Graubünden und der vielen Nachkommen italienischer Einwanderer hat unser Land an einer solchen Verbesserung alles Interesse. Im Namen der HSG-Gemeinschaft gratuliere ich Prof. Dr. Dr. h.c. HSG Mario Monti zur Wahl zum Ministerpräsidenten der Republik Italien und wünsche ihm bei der Erfüllung seiner schwierigen Aufgabe alles Gute.

Bild: Keystone / RomaNews, Photomasi

north