Hintergrund - 19.12.2018 - 00:00 

Fake-News entlarven: i-MOOC stärkt die Medienkompetenz der Jugendlichen

Im Januar starten mehrere Dutzend Klassen der Sekundarstufe II mit einem Online-Kurs, der spielerisch die Informationskompetenz aufbaut und stärkt. Verbunden ist das Pilotprojekt i-MOOC mit einer Internet Rally, einem Schülerwettbewerb und einer Schlussveranstaltung an der Universität St.Gallen.
Quelle: HSG Newsroom

19. Dezember 2018. Der Online-Kurs i-MOOC (Massive Open Online Course) wurde von Bildungsexperten der Abteilung Digitale- & betriebliche Bildung am Institut für Wirtschaftspädagogik (IWP-HSG) entwickelt. Projektleiterin ist Prof. Dr. Sabine Seufert. «Die Unterscheidung von Fakten und Fiktion wird immer anspruchsvoller. Informationskompetenz ist deshalb unerlässlich, um das berufliche und private Leben zu meistern», betont sie im Interview.

Frau Seufert, welche Beweggründe stehen hinter dem Projekt i-MOOC?

Sabine Seufert: Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler Defizite im kompetenten Umgang mit Informationen haben. Oft werden die Schwächen nicht erkannt oder sind sogar noch grösser, als sie selber und die Erwachsenen in ihrem Umfeld denken. Der Eindruck, die heutige Generation nutze die digitalen Geräte mühelos, ist also falsch. Zwar kommen die ‘Digital Natives’ immer früher mit den neuen Technologien in Berührung, sie zweckadäquat einsetzen zu können, ist jedoch eine andere Sache.

Weshalb richtet sich der Kurs an Lernende der Sekundarstufe II?

Sabine Seufert: Die Studien erkannten bei der Sek II, zu der Gymnasien, Fachmittelschulen, Berufsmaturitäts- und Berufsfachschulen gehören, besonders grossen Nachholbedarf. Unser Projekt i-MOOC, das übrigens vom Schweizer Nationalfonds finanziert wird, ist deshalb auf die Lernenden nach der obligatorischen Schulzeit zugeschnitten. Die Förderung der Medienkompetenz ist aber ganz klar auf allen Bildungsstufen und eigentlich auch für alle Generationen wichtig. Der bewusste und fähige Umgang mit Informationen ist eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit.

i-MOOC verfolgt verschiedene Lernziele. Um was geht es konkret beim Stichwort Informationskompetenz?

Sabine Seufert: Die Schülerinnen und Schüler lernen Schritt für Schritt den Nutzen unterschiedlicher Informationsquellen kennen und üben Methoden zur zielgerichteten Informationssuche. Für Jugendliche, aber auch viele erwachsene Menschen sind die sozialen Netzwerke eine Hauptinformationsquelle geworden. Das birgt grosse Gefahren, zumal Falschmeldungen in politisch polarisierenden Zeiten eine entscheidende Rolle spielen. Durch das Posten, Teilen und Kommentieren sind die sozialen Medien meinungsbildend, beeinflussen und steuern politische Diskurse und gesellschaftliche Debatten. Andere Influenzer wollen mit ihren gezielten Werbebotschaften ganz einfach Geld verdienen.

Das Bewusstsein für den Umgang mit der Flut an Informationen unterschiedlicher Herkunft zu schärfen, ist ein wichtiges Ziel des Kurses. Um das Gelernte zu festigen, beinhaltet der i-MOOC regelmässige Quizzes und Transferaufgaben sowie eine Internet Rally, bei der die aufgebauten Kompetenzen überprüft werden. Die Teilnehmenden setzen sich zudem in Internetrecherchen systematisch mit dem Thema «Arbeitswelt der Zukunft» auseinander. Zusätzlich zum Grundkurs können die Schülerinnen und Schüler auch eine Einführung ins Schreiben von Schularbeiten absolvieren.

Worauf haben Sie bei der Umsetzung des Online-Kurses geachtet? Oder anders gefragt, was braucht es, damit die Lernenden sich auf das Thema einlassen?

Sabine Seufert: i-MOOC basiert auf einem digitalen Storytelling. Jedes Modul beginnt mit einem Video, der die Rahmenhandlung um Lena und Nico weiterspielt. Die Lernenden begleiten die beiden Teenager auf der Suche nach Antworten auf verschiedene Fragen. Lena und Nico ermöglichen eine Art Peer-Learning, da sie aktuell selbst die Sekundarstufe II besuchen. Mit einem spielerischen Ansatz, auch Gamification genannt, entwickeln sich die Lernenden von Info-Touristen, die sich zunächst im Informationsdschungel orientieren müssen, hin zu Info-Mastern, die für die Herausforderungen im Umgang mit Informationen gerüstet sind. Weil gerade Online immer mehr Informationen auf Englisch produziert sind, enthält der Kurs auch englische Lernvideos.

Für die Umsetzung war ein Team von Bildungsexperten unter der Projektkoordination von Luca Moser, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IWP, zuständig. Den Beteiligten war wichtig, dass der Kurs für alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II geeignet ist.

Der Kurs ist kostenlos, fixfertig und online-basiert. Zeitlich und örtlich kann er unabhängig von Stundenplan und Schulhaus absolviert werden. Braucht es da die Lehrpersonen noch?

Sabine Seufert: Die Lehrpersonen werden auf keinen Fall überflüssig. Sie nehmen eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht, Werte zu stabilisieren, Orientierung zu geben und Kontexte im digitalen Datendschungel herzustellen.

Wie viele Schulklassen beteiligen sich an der ersten Durchführung von i-MOOC?

Sabine Seufert: Bisher haben 100 Lehrpersonen ihr Interesse bekundet. Davon haben sich 30 Lehrpersonen mit 50 Klassen bereits definitiv angemeldet. Wir sind sehr gespannt auf die Rückmeldungen. Die Klassen haben die Möglichkeit, an einem Teamwettbewerb teilzunehmen und sich am Schlussevent an der Universität St.Gallen mit Expertinnen und Experten der digitalen Transformation auszutauschen.

Interview: Claudia Schmid

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