Meinungen - 15.05.2015 - 00:00 

Der kleine Bruder der Forschung

Am 11. Mai 2015 fand der «Tag der Lehre» an der Universität St.Gallen (HSG) statt. Diskutiert wurden Innovationen in der Lehre. Mit dabei war auch Shin Szedlak, Präsident der Studentenschaft. Hier seine Gedanken zum Thema.
Quelle: HSG Newsroom

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15. Mai 2015. Der Auftrag des Kantons St.Gallen und somit der Öffentlichkeit an die HSG ist vereinfacht in zwei Gebiete unterteilbar. Auf der einen Seite ist das der Mehrwert in der Wissenschaft, welcher durch die Forschung erbracht wird. Die HSG macht dies auf hervorragende Art und Weise, wie dies die Rankings des Handelsblatts und der Financial Times aufzeigen.

Auf der anderen Seite hat jede Universität den Bildungsauftrag reflektierte und kritische Studierende auszubilden. Insbesondere für die Universität St.Gallen, welche eine der renommiertesten Wirtschaftsuniversitäten Europas ist, bedeutet dies eine Verantwortung. Einige der Absolventinnen und Absolventen werden in Zukunft Funktionen bekleiden, welche mit einer grossen Handlungsfreiheit und somit auch mit weitreichenden Entscheidungen verknüpft sind. Für eine öffentliche Universität, wie die HSG eine ist, bedeutet das nicht nur den Anspruch, sondern die Verpflichtung, gewissenhafte Personen auszubilden, damit sie später in der Lage sind, reflektierte und selbstkritische Entscheidungen zu treffen. 

Konflikt zwischen Forschung und Lehre 

Obwohl stets von einer forschungsnahen Lehre gesprochen wird, ist ein klarer Konflikt zwischen den beiden Gebieten erkennbar. In ganz Kontinentaleuropa herrscht ein Anreizsystem, welches die Forschung klar begünstigt. Dozierende profilieren sich durch Publikationen, Anzahl Zitationen und neue Erkenntnisse in der Wissenschaft. Aufgrund dieser Faktoren werden sie überhaupt an einer Universität angestellt. Dies hat die natürliche Konsequenz, dass diese extrinsische Motivation bei der zeitlichen Allokation der Dozierenden ganz klar die Forschung begünstigt. Hervorragende Didaktik, exzellente Methodik und reflektierte Studierende in einem Kurs haben leider wenig Einfluss auf die Karriereplanung der Lehrperson.

Wenn also die Forschung sowohl durch extrinsische Faktoren als auch durch intrinsische Motivation gestützt wird, und die Lehre nur von Letzterem schöpfen kann, herrscht ein klares Ungleichgewicht der individuellen Priorisierung. So ist die schlussendliche Konsequenz, dass viele Dozierende die Lehre als lästiges Nebengeschäft ihrer Forschungstätigkeit betrachten und Studierende eher wenig von den hervorragenden Resultaten in den Rankings profitieren.

Wo wollen wir hin?

Um die Lehre aus dem Schatten der Forschung herauszuheben ist also ein neues Anreizsystem nötig. Jedoch ist dieses universitätsübergreifende Problem nicht von einem Tag auf den anderen lösbar.

An der HSG kann man dennoch einiges machen. Nämlich kann bei der Auswahl neuer Dozierender ein grösserer Wert auf die Lehre gelegt und die Anerkennung hervorragender Veranstaltungen gesteigert werden. Die Studentenschaft tut dies mit dem Teaching Award, welcher jedes Jahr am Dies academicus vergeben wird. Nun wird auch von der School of Economics and Social Sciences (SEPS) ein interner Award vergeben. Vor allem braucht es aber die Sensibilisierung aller Beteiligten, damit die Problematik überhaupt offen angesprochen wird.

Während dieses akademischen Jahres ist an der Universität viel passiert. Das neue Projekt «Innovation Lehre», die StudierBar oder auch der Tag der Lehre. Wenn man sich dabei etwas umgesehen hat wurde ersichtlich, dass es eine Vielzahl an Dozierende gibt, welche unglaublich wertvolle Arbeit leisten. Diesen wurde nun endlich die geeignete Plattform geboten, um ihre Ideen zu präsentieren. Ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung.

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