Meinungen - 13.03.2014 - 00:00 

Chinas Herausforderungen

Das enorme Wirtschaftswachstum, welches über die letzten 30 Jahre die Regionen im Osten Chinas geprägt hat, muss seine Erfolgsgeschichte im Landesinneren fortsetzen. HSG-Dozent Josef Mondl über die grössten Herausforderungen des Landes.
Quelle: HSG Newsroom

$alt

14. März 2014. Die neue Führung Chinas hat im aktuellen Fünf-Jahres-Plan (2011 – 2015) die Rahmenbedingungen klar definiert: um die Effizienz der «Go West» Kampagne (initiiert 1999) gewährleisten zu können, wurden für die 12 Provinzen Zentral- und Westchinas 11 neue Wirtschaftszonen festgelegt, wobei in der sogenannten «West Triangle Economic Zone» mit den Zentren Chengdu (Provinz Sichuan), Chongqing (regierungsunmittelbare Stadt), sowie Xi’an (Provinz Shaanxi) mit einer Gesamtfläche von 220.000 Quadratkilometern und einer Bevölkerung von rund 118 Millionen, rund 40% des BIP Westchinas erwirtschaftet werden.

Die Regierung des Landes sieht sich der komplexen Herausforderung gegenüber, zwei unterschiedliche Welten in einem Land verwalten und steuern zu müssen: entlang der Küstenlinie im Osten ist das Land bereits stark entwickelt und zeigt die Annehmlichkeiten einer postindustriellen Gesellschaft – hier brauchen die Menschen kein zehnprozentiges Wirtschaftswachstum mehr, vielmehr wollen sie gesunde Lebensmittel, klare Luft und sauberes Wasser; gleichzeitig ist in vielen Regionen im Landesinneren China noch immer ein Entwicklungsland mit hunderten von Millionen Menschen die noch immer in Armut leben – für Menschen, welche oft von der Hand in den Mund leben ist Transparenz meist noch von zweitrangiger Wichtigkeit.

Dringendste Probleme
Versorgung mit sicheren Lebensmitteln, Umweltverschmutzung und teils grobe Fahrlässigkeit von Beamten stellen eine breite Front an Herausforderungen für die Glaubwürdigkeit und Legitimität des Regimes dar. Gesunde Luft für Peking und andere Grossstädte Chinas, klare und saubere Flüsse sowie die Schaffung von Verantwortungsbewusstsein bei lokalen Beamten stellen langfristige Ziele dar; aber im Hinblick auf den Milchskandal, welcher China 2008 in seinen Grundfesten erschütterte, ist das Thema Lebensmittelsicherheit von grösster und alltäglicher Bedeutung, und wird besonders von der wachsenden Mittelschicht, dessen Unterstützung Staatspräsident Xi Jinping und seine Kollegen benötigen, mit steigender Besorgnis beobachtet. Somit wird kurz- und mittelfristig der entscheidende Massstab für die neue Führung des Landes sein, wie sie mit diesen sozialen und menschlichen Problemen umgeht.

Wie könnte die politische Struktur Chinas künftig aussehen? Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass ein hohes Mass an Urbanisierung, eine starke Mittelklasse, die Auswirkungen der Informationstechnologie, eine starke Währung und eine stabile Zivilgesellschaft entscheidende Einflüsse auf die politische Landschaft ausüben. So dürfte die weitere Entwicklung in China auch hier zu einer stärkeren kulturellen und politischen Vielfalt führen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die enormen wirtschaftlichen Disparitäten zwischen Stadt und Land, das hohe Mass an Korruption, Unzufriedenheit bei der Landbevölkerung, und anhaltende Umweltzerstörung das politische System und die Stabilität des Landes erschüttern und zu anhaltendem Chaos führen könnten.

Wirtschaftsmotor muss laufen
Wenn China es schafft, das Erfolgsmodell der ersten Phase der Reform- und Öffnungspolitik (1979 - 2003) auch im nächsten Schritt umzusetzen, so würde dies zu einer neuen Politökonomie führen, welche durch Innovation, wachsenden Inlandskonsum, erfolgreichen Wertzuwachs bei der Produktion, Schaffung von ausreichend Arbeitsplätzen in den Städten, sowie Förderung des Dienstleistungssektors gekennzeichnet ist.

Ein Scheitern würde jedoch zu wachsender Arbeitslosigkeit, sozialen Unruhen, politischer Instabilität und somit dramatischem Rückgang der Wirtschaftsleistung führen, was die Regierung zum langfristigen Krisenmanagement zwingen würde.

Bild: Photocase / kallejipp

north