Veranstaltungen - 13.10.2011 - 00:00 

Buch und Film über Dr. Nils Jent

Der Ökonom Dr. Nils Jent inspirierte zwei junge Filmemacher und einen Buchautor zu neuen Werken. Das Buch «Ein Leben am Limit» und der Film «Unter Wasser atmen» sind in St.Gallen vorgestellt worden.
Quelle: HSG Newsroom

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11. Oktober 2011. Sonntagvormittag, 9. Oktober 2011: Vor dem Eingang des Programmkinos in der St.Galler Lokremise hat sich eine Schlange gebildet. Dr. Nils Jent begrüsst rund 100 geladene Gäste, Familie, Freunde und Arbeitskollegen. Gespannt warten sie auf die Vorstellung des jüngst erschienenen Buchs und des am Zurich Film Festival erstaufgeführten Films, in deren Mittelpunkt der 49-jährige HSG-Ökonom steht. Neben dem Eingang zum Kino hat Buchautor Röbi Koller die Biographien aufgelegt. Nils Jent hat sie mit einem Stempel signiert, der seine Devise wiedergibt: «Geht nicht gibt`s nicht».

Lebensdevise «Geht nicht gibt`s nicht»

Dr. Nils Jent wurde zweimal geboren: Das zweite Mal als mehrfachbehinderter Mensch, verursacht durch ein kapitales Herzversagen während der Operation nach einem schweren Verkehrsunfall im 19. Lebensjahr. Seine mentale Stärke hat ihm geholfen, dieses zweite Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten: Als Dozent und Forscher an der Universität St.Gallen macht er anderen Menschen mit Behinderungen Mut. Er zeigt zusammen mit seiner Arbeitspartnerin, der Psychologin Regula Dietsche und dem Center for Disability and Integration (CDI-HSG), wie sich unsere Gesellschaftsmitglieder mit Behinderung nutzenstiftend in die Arbeitsprozesse einbinden lassen.

«Nils Jent ist mit seiner enormen Ausdauer und Willenskraft ein Vorbild für mich», sagte Doktorvater Prof. Dr. Martin Hilb zur Eröffnung der Buchvernissage, moderiert von DRS 1 Redaktorin Christine Hubacher. Der brillante Geist seines ehemaligen Studenten habe ihn von Anfang an beeindruckt, berichtete Hilb weiter. In seiner Dissertation, die Jent 2002 abschloss, entwickelte er ein bis dahin fehlendes Konzept. Dieses bezweckt die optimale Nutzung der Befähigungen und Talente, die auf der Vielfalt und Verschiedenartigkeit der Erfahrungswelten von Mitarbeitenden beruhen. Mit seinen Erfahrungen als körperlich behinderter Mensch weiss er welche Grenzen es im (Arbeits)alltag zu überwinden gilt. In seiner wissenschaftlichen Disziplin, der angewandten Disability Forschung, weist er nach, dass die Einbindung von Menschen mit Behinderung in die Belegschaft sehr förderlich ist für die Arbeitskultur, und darüber hinaus zur Wertschöpfung von Betrieben beitragen kann.

Erfolg durch die «Politik der kleinen Schritte»

Über die Grenzen, welche es für Menschen mit Behinderung täglich zu sprengen gilt, berichtet Röbi Koller in seinem Buch «Dr. Nils Jent − Ein Leben am Limit». Er beschreibt, wie sich Jent mit der «Politik der kleinen Schritte» nach seinem Unfall ins Leben zurückkämpft. Nachdem er aus dem Koma erwacht, kann er sich anfänglich nur mit Augenzwinkern verständigen. Achtung musste er sich erst wieder verschaffen − zum Beispiel, indem er die Chefärzte zum Schach aufforderte und sie der Reihe nach im Brettspiel besiegte. «Geschichten wie die «Schachnovelle» gibt es viele in Nils Leben», erzählte Koller. Die Durchsetzungskraft von Jent bekam der Autor auch während der redaktionellen Überarbeitung der Biographie zu spüren: «Im zweiten Teil, der sich mit Nils Arbeitsgebiet Diversity befasst, konnte es ihm nicht präzise genug sein − über manche Passagen diskutierten wir lang und heftig, bis wir die beste Formulierung gefunden hatten.» Buch und Film entstanden unabhängig voneinander zwischen 2009 bis 2011. Kollers Redaktionsarbeit und Recherche floss so auch in den Dokumentarfilm ein.

Auszeichnung des Zurich Film Festivals 2011 
Die Nachwuchsregisseure Stefan Muggli und HSG-Absolvent Andri Hinnen portraitierten das Leben von Nils Jent in eindrucksvollen Bildern. Dabei orientieren sie sich am Ablauf eines normalen Arbeitstages des Forschers. Super-8-Aufnahmen von Jents Vater Cuno geben Einblick in das Leben vor dem Unfall. Zwei Jahre lang dauerten die Filmarbeiten. Was ursprünglich als Kurzportrait und Teil der HSG-Masterarbeit von Hinnen geplant war, wurde schliesslich zum 90-minütigen Dokumentarfilm «Unter Wasser atmen − Das zweite Leben des Dr. Nils Jent». Die Regisseure recherchierten im Familienarchiv, besuchten Freunde, Lehrer und Schulleiter und begleiteten Jent während seines Alltags. «Das kam unserem Protagonisten überhaupt nicht filmenswert vor», erzählt Hinnen. Sie mussten Jent erst davon überzeugen, dass sein Alltag für die Zuschauer Zeugnis davon ablegt, welche Hochleistung er sich Tag für Tag abverlangt. Der Beweis liegt vor: Während des Zurich Film Festivals wurde der Dokumentarfilm mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. «Unter Wasser atmen» zeigt, was zu erreichen ist, wenn die Kraft des Miteinanders genutzt wird.

Bilder: Universität St.Gallen, Hannes Thalmann

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