Veranstaltungen - 03.05.2017 - 00:00 

Brainstorming zu Disruption

Führungskräfte von morgen kommen mit Unternehmensführern zusammen um Ideen zu Disruption zu entwickeln.
Quelle: HSG Newsroom

4 Mai 2017. Zum Auftakt des 47. St. Gallen Symposiums auf dem Campus der HSG kamen anlässlich des "Leaders of Tomorrow"-Programms die Halbfinalisten des Essay-Wettbewerbs "Wings of Excellence", 200 zukünftige Führungskräfte und Unternehmensführer zusammen, um disruptive Markt-Ideen zu entwickeln. Das Tagesprogramm erreichte seinen Höhepunkt mit einer Ideenauktion – das Resultat von Brainstorming-Sitzungen zu den besten disruptiven Ideen, die auf die Gesellschaft einwirken können. Bei diesem Format wurden drei der besten Ideen ausgewählt und einem Gremium aus vier Führungskräften präsentiert. Nach ihrer fünfminütigen Argumentation erhielten die drei Finalisten Kritik und Lob und wurden zu ihren Ideen befragt.

Die vier Führungskräfte waren Sami Atiya (DE), Leiter der Division Industrieautomation und Antriebe und Mitglied der Konzernleitung, ABB Ltd.; Paul Nunes (USA), Geschäftsführer, Accenture Research; Heike Bingmann (DE), EMG, Management & Organizational Development, ZF Friedrichshafen AG; und John R. Dacey (USA), Group Chief Strategy Officer, Swiss Re.

Die drei Finalisten waren Laura Niersbach (DE) von der Columbia University, Tamsin Nicholson (UK) von der University of Glasgow und Rishi Jaggernauth (USA) von der New York University.

Laura Niersbach erklärte ihre Idee, wie man die Demokratie mit einem Ansatz des Design Thinking in der Politik grundlegend verändern kann. Sie wandte sich damit direkt an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und hoffte, diese würde von ihrer Idee hören und sie sofort umsetzen.

Aus Nierbachs Sicht befinden sich die liberalen westlichen Demokratien in einer Krise. Während etablierte Politiker ihre Wähler immer weniger vom weiteren Wert einer offenen und für alle zugänglichen Gesellschaft überzeugen können, ist der Rechtspopulismus im Aufstieg begriffen.

Eine der wiederkehrenden Erklärungen für dieses politische Phänomen ist die grösser werdende Kluft zwischen den politischen Eliten und den Bürgern, die das Gefühl habe, dass ihre Anliegen nicht mehr gehört werden. Das führt dazu, dass viele Menschen entweder protestieren, indem sie populistische Kandidaten oder Parteien wählen, oder indem sie sich komplett aus der politischen Teilhabe zurückziehen. Letzteres gilt vor allem für jüngere Bürger. Diese Entwicklung ist für die Zukunft westlicher Demokratien höchst besorgniserregend und unsere Politiker müssen sich deshalb damit befassen.

Niersbach will unsere gegenwärtigen politischen Strukturen mit einer App verändern, die die Kluft zwischen Politikern und Bürgern schliessen und unsere Demokratien zu neuem Leben erwecken soll, vor allem indem sie die Generationen von morgen dazu motiviert, sich politisch zu engagieren.

Tamsin Nicholson von der University of Glasgow präsentierte eine Idee, mit der sie die Gesundheitsversorgung von Millionen Menschen in weniger entwickelten Ländern verbessern will, und zwar durch die Einbindung von konditionierten Placeboantworten in Behandlungspläne, um den Zugang zu Medikamenten zu verbessern.

Den Zugang zu Medikamenten zu verbessern ist eine der grössten Herausforderungen der globalen Medizin. Zurzeit haben 50 Prozent der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Ländern in Afrika und Asien keinen Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten, was zu der signifikant niedrigeren (17.5 Jahre) Lebenserwartung in weniger entwickelten Ländern im Vergleich zu den entwickelten Ländern beiträgt. Aber es könnte eine Antwort auf dieses Problem geben.

Die Forschung hat gezeigt, dass einige Patienten, denen man vier Tage lang ein wirksames Medikament verabreicht, gefolgt von einem Placebo, 48 Stunden lang auf das Placebo reagieren, als wäre es das wirksame Medikament. Man nennt das die konditionierte Placeboantwort und wenn man es in der globalen Medizin anwenden würde, könnte es möglicherweise die Kosten und die Menge der benötigten wirksamen Medikamente um ein Drittel reduzieren.

Es gibt bei diesem Ansatz jedoch ethische Implikationen, wie beispielsweise informierte Einwilligung und Standards zur Wirksamkeit der Behandlung. Die Forschung hat jedoch gezeigt, dass es nicht immer notwendig ist, Patienten zu täuschen und dass die konditionierte Placeboantwort die gleiche Wirksamkeit wir die Standardbehandlung haben könnte. Es ist noch viel Forschung nötig um das Potential dieses Ansatzes zu klären, aber die voraussichtlichen Vorteile sind groß und die Kosten gering. Er hat das Potential, den Zugang zu lebensrettenden Medikamenten in den am wenigsten entwickelten Ländern erheblich zu verbessern.

Zum Abschluss des Abends präsentierte Rishi Jaggernaut von der New York University einen innovativen medizinischen Durchbruch: CRISPR-basierte Antibiotika.

Im Wesentlichen würde die Nutzung dieses medizinischen Durchbruchs der Antibiotika-Resistenz, einer der entscheidenden Herausforderungen des 21.Jahrhunderts, ein Ende bereiten. Trotz der wachsenden weltweiten Dringlichkeit dieses Problems hat die Arzneimittelentwicklung nicht mit dem Bedarf an innovativen Antibiotika Schritt gehalten. Die kürzlich erfolgte Entdeckung eines DNA-verändernden Werkzeugs namens Clustered Regulatory Interspaced Palindromic Repeats (CRISPR) hat das Potential, die Behandlung von bakteriellen Infektionen zu revolutionieren und unser bestehendes Angebot an Antibiotika wieder aufzufrischen. Durch den Einsatz der Erbgutveränderung bietet CRISPR einen individuellen therapeutischen Zugang, der bei der grundlegenden genetischen Mutation ansetzt, die dem Problem der Antibiotikaresistenz zugrunde liegt. CRISPR kann in pathogenen Bakterien die Teile des Genoms, die die Antibiotikaresistenz auslösen, praktisch löschen und diese Bakterienart anfällig für existierende Antibiotika machen.

Mithilfe des CRISPR-Gebildes lassen sich verschiedene Gensequenzen löschen um die neuesten bakteriellen Mutationen widerzuspiegeln, wodurch bestehende Antibiotika ihre Wirksamkeit trotz der fortlaufenden Entwicklung dieser medikamentenresistenten Pathogene behalten können. CRISPR-basierte Antibiotika haben das Potential, einen personalisierten, zielgerichteten therapeutischen Ansatz bei der Antibiotikaresistenz zu bieten, unsere Gesundheitsinfrastruktur zu stärken und die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung weltweit zu senken. Auch wenn es einige Herausforderungen, wie Verabreichung und Sicherheitsbedenken, zu bewältigen gilt, sind CRISPR-basierte Antibiotika eine neue Lösung für die Antibiotikaresistenz-Krise, die das Leben von Millionen Menschen weltweit verbessern könnte.

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