Forschung - 28.10.2011 - 00:00 

Bankgeheimnis unter der Lupe

Das Bankgeheimnis führt nicht nur Ausländer in Versuchung, sich ihrer Steuerpflicht zu entziehen, sondern auch Einwohner der Schweiz. Dass die Verrechnungssteuer nur unvollständig greift, zeigt eine Studie der HSG.
Quelle: HSG Newsroom

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28. Oktober 2011. Laut Studienautor Prof. Dr. Manfred Gärtner ist die Verrechnungssteuer sozial nicht gerecht, da sie die von kantonalen Steuertarifen anvisierten Umverteilungsziele unterläuft. Während die Verrechnungssteuer die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen landesweit zur vorbehaltlosen Offenlegung ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse zwingt, profitieren Besserverdienende in der Regel, wenn sie ihre Finanzen hinter dem Bankgeheimnis verbergen.

Kapitaleinkommen verschweigen bringt finanzielle Vorteile

Die Studie identifiziert zunächst die in den Kantonshauptorten der Schweiz geltenden Grenzsteuersätze verschiedener Einkommensklassen verheirateter und lediger Steuerpflichtiger. Sie legt dar, ab welcher Einkommensschwelle der Grenzsteuersatz den Verrechnungssteuersatz von 35% übersteigt und es damit finanzielle Vorteile bringt, Kapitaleinkommen zu verschweigen. Anschliessend schätzt die Untersuchung die Verteilung steuerpflichtiger Einkommen über die gleichen Einkommensklassen, wiederum für Verheiratete und Ledige. Dies erlaubt Aussagen darüber, welcher Teil der Steuerpflichtigen durch das Zusammenspiel von Bankgeheimnis und Verrechnungssteuer der Versuchung ausgesetzt ist, Kapitaleinkommen unvollständig zu deklarieren.

Bankgeheimnis schützt Privatsphäre der Reichen

Gemäss der Untersuchungen von Gärtner zeigt sich, dass nur in den fünf Kantonen Appenzell Innerrhoden, Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Zug die Einkommenssteuersätze so tief sind, dass die Verrechnungssteuer über die ganze Bandbreite der Einkommen greift. In den übrigen Kantonen, wo der Grenzsteuersatz mit steigendem Einkommen früher oder später die 35%-Marke übersteigt, können sich bis zu 30% der verheirateten und bis zu 17% der ledigen Steuerpflichtigen finanziell besser stellen, wenn sie ihre Vermögenseinkommen nicht vollständig deklarieren. Die Studie mit dem Titel «Bankgeheimnis und Verrechnungssteuer: Konsequenzen für die Steuerehrlichkeit in den Kantonen der Schweiz» von Manfred Gärtner ist in der Zeitschrift Perspektiven der Wirtschaftspolitik 12 (2011), Heft 3, S. 258–279, erschienen.

Bild: Photocase / Yunioshi

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