Veranstaltungen - 07.05.2015 - 00:00 

Abschied vom Nationalstaat

Der emeritierte Zürcher Wirtschaftsprofessor Bruno S. Frey plädierte zum Auftakt des 45. St. Gallen Symposiums dafür, wegzurücken vom Denken in politischen Grenzen, die dem historischen Zufall entsprangen und nichts mit Rationalität in der Gegenwart zu tun haben.
Quelle: HSG Newsroom

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7. Mai 2015. Bruno S. Frey dachte laut und bewusst provokativ über «New Entities» nach, die den Anforderungen im 21. Jahrhundert gerecht würden. Dies durch Attribute wie Flexibilität, Dynamik und Wertschätzung von Diversität, die nicht zuletzt Schlüssel sei, um Innovationen zu schaffen. Er plädierte dafür, das verkrustete Denken aus der Nationalstaaten-Ära des 19. und 20. Jahrhunderts umzudrehen und zuerst zu fragen, was denn die Problematik ist, um anschliessend zu bestimmen, in welcher «Gemeinschaft», in welcher «Entity» diese denn am besten angepackt werden sollte.

Unweigerlich kommt einem die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer als negatives Beispiel in den Sinn, das ganz offensichtlich nicht von einer einzelnen, in nationalstaatlichen Grenzen denkenden «Entity» gelöst werden kann. Bruno S. Frey, der Ehrendoktor der Universität St.Gallen ist, präsentierte anregende Gedanken in einer Zeit, in der jüngst Rechtsparteien in diversen europäischen Ländern erstaunlich viele Wähler mit schwammiger Rhetorik zu unscharfen Begriffen wie «Identität» und «Selbstbestimmung» ködern – Begriffe, die im 21. Jahrhundert dringendst renovationsbedürftig sind.

Frey stellte in Anlehnung an das Leitthema des diesjährigen St. Gallen Symposiums zur Debatte, ob «Proudly Small» wirklich das einzige Erfolgsrezept sei. Er verwies auf sehr erfolgreiche Kleinstaaten wie die Schweiz, Singapur oder Dänemark, aber auch auf globaler Ebene dominierende Länder wie die USA oder weltweit agierende Unternehmen wie Volkswagen und Zara, die entsprechend «large» sind. Beides ginge, sagte Frey, sowohl «Proudly Small» wie auch «Efficiently Large». Um das bessere Rezept je nach Problematik zu finden, regte er eben an, das Denken aus nationalstaatlichen Grenzen zu befreien. Als Beispiel nannte Frey die Hanse, die vom 12. bis 17. Jahrhundert eine wirtschaftlich sehr erfolgreiche Gemeinschaft war, ohne eine nationalstaatliche Einheit zu sein. «Let’s stop thinking in terms of nation-states», forderte Bruno S. Frey auf, «let’s move to the twenty-first century.»

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