Campus - 07.08.2013 - 00:00 

25 Tipps für Startups (Teil 1 von 2)

San Francisco ist die Wiege des Unternehmertums, wie wir es heute kennen, und die Geburtsstätte von Internet-Giganten wie Apple, Twitter und Facebook. Es ist der Ort, an dem alles möglich ist, so lange man eine gute Idee mitbringt. Unsere Studentin Laura Behrens Wu hat ein paar Tipps zusammengestellt.
Quelle: HSG Newsroom

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8 August 2013. San Francisco ist der Ort, an dem ich meinen Sommer 2013 verbringe, um Investoren für meine eigene Idee zu begeistern. Reich an unglaublichen Erfahrungen, möchte ich einige davon mit allen teilen, die am «American way of Entrepreneurship» interessiert sind.

  1. Sei offen für Ratschläge und habe keine Angst, Deine Idee komplett zu verändern, falls dies notwendig ist.
    Als ich in San Francisco ankam, hatte ich eine ganz andere Idee in meinem Kopf, als die, die ich am Ende verfolgt habe. Deine Idee klingt in der Theorie vielleicht sinnvoll, aber es lohnt sich mit erfahrenen Unternehmern darüber zu diskutieren, bevor viel Zeit und Mühe dafür eingesetzt wird. Erfahrene Unternehmer haben eine andere Perspektive bezüglich neuer Ideen. Während neue Unternehmer sich ihren Ideen sehr idealistisch und theoretisch nähern, haben erfahrene Unternehmer mit den realen Schwierigkeiten der Kundengewinnung und des Kundenverhaltens gekämpft und diese überwunden. Was für Dich als tolles Produkt erscheint, ist vielleicht gar nicht das, was der Kunde sich eigentlich wünscht! Viele Startups begannen mit einer anderen Idee als der, mit der sie erfolgreich wurden. Bevor ein Gespräch mit Investoren gesucht wird, sollte Deine Idee zuerst im Silicon Valley getestet werden. Ein Anwalt von WilmerHale hat zu mir gesagt, dass viele europäische Unternehmer zu ihm mit guten Ideen kommen, die er aber schon viel zu viele Male vorher gehört hat. Was in Europa als neu erscheint, ist möglicherweise im Silicon Valley bereits veraltet!

  2. Es ist enorm schwierig für Startups gewohntes Kundenverhalten zu ändern.
    Das Verhalten der Kunden und ihre Gewohnheiten sind schwer zu beeinflussen, wenn Dein Startup nicht eine deutliche Verbesserung zu den bestehenden Lösungen aufzeigt oder einen deutlichen Vorteil gegenüber den Konkurrenzprodukten darstellt. Der beste Rat, den ich hierzu gehört habe ist, «build a painkiller, not a vitamin». Die Kunden werden ihre Gewohnheiten nicht für kleine oder schrittweise Verbesserungen ändern. Sie wollen neue Lösungen! Jedoch dürfen die neuen Lösungen auch nicht zu radikal sein. Kunden werden zu radikale Neuheiten nicht verstehen.

  3. Denk nicht darüber nach, ob Deine Idee gestohlen wird.
    Du musst rausgehen und Deine Idee mit so vielen Menschen wie möglich teilen. Du musst davon überzeugt sein, dass Du die beste Person bist, um diese Idee auszuführen. Wenn Du Dir diesbezüglich sicher bist, wirst Du Dich nicht mehr vor Nachahmern fürchten. Wenn Du aber feststellst, dass Du vielleicht nicht in der Lage bist gegen andere Leute zu gewinnen, die dieselbe Idee verfolgen, solltest Du Dich definitiv hinsetzen und diese Idee nochmals überdenken. Feedback und Ratschläge sind die wertvollsten Assets, die man im Unternehmertum bekommen kann (neben dem Investment). Allerdings bleibt es immer noch Deine Wahl, ob du den Rat befolgen willst oder nicht. Du musst Dich nicht übermässig anstrengen, nur um alle Leute um dich herum glücklich machen. Wenn Du denkst, dass der Rat in eine andere Richtung geht, als das, was du für Dein Startup möchtest, dann verwerfe den Rat sofort!

  4. Du solltest nicht nur Ratschläge von Personen einholen, die du kennst.
    Finde einfach im Internet Experten auf dem Gebiet, in dem du Rat und Hilfe brauchst, und schreibe ihnen per E-Mail. Du wirst überrascht sein, wie viele von ihnen tatsächlich antworten, so lange du in der Lage bist, überzeugend zu argumentieren, warum es in ihrem Interesse liegt Dir zu helfen. San Francisco ist in diesem Punkt vollkommen anders als Europa. Eine Swissnex-Mitarbeiterin, die ich auf eine Tasse Kaffee getroffen habe, sagte: «In Europa muss man Protokoll führen, wenn man jemanden trifft. Hier ist ein Kaffee Grund genug». Eine Person zu kontaktieren darf nicht daran scheitern, dass diese Person keine öffentlich zugängliche E-Mail-Adresse im Internet hat. LinkedIn ist ein grossartiges Werkzeug, um Leute zu kontaktieren. Als letztes Mittel kann man immer noch versuchen,verschiedene Variationen des Namens mit der E-Mail-Adresse der Firma, bei der sie arbeitet, zu kombinieren.

  5. «If you want money ask for advice, if you want advice ask for money.»
    Diese Aussage ist selbsterklärend und ein grossartiges Beispiel dafür, wie die menschliche Psyche funktioniert! Wenn Du Leute um Rat fragst und wenn sie Dich und Deine Idee mögen, dann werden sie Dir helfen. Wenn die Hilfe, die Du brauchst, Investitionen miteinschliesst, werden sie Dich auch in diesem Bereich unterstützen. Wenn du jedoch von Anfang an nach Geld fragst, werden sie Dir mit mehr Vorsicht begegnen und Dir gegenüber kritischer sein. Dies führt oft dazu, dass Du Ratschläge bekommst, wie Du Dein Konzept verbessern kannst und das Gespräch mit der Aufforderung endet, wiederzukommen, wenn Du ihre Ratschläge umgesetzt hast. In diesen Fällen solltest Du sicher gehen, dass Du Notizen von allen neuen Anforderungen gemacht hast. Mach eine Checkliste und erfülle alle ihre Anforderungen so schnell wie möglich. Dann kannst Du wieder mit ihnen in Kontakt treten, ihnen für ihre guten Ratschläge danken und ihnen sagen, dass bereits alles umgesetzt ist! Dies führt mich bereits zu meinem nächsten Punkt ...

  6. Sei hartnäckig!
    Hartnäckigkeit ist nicht verpönt in San Francisco. Sie gilt auch nicht als unhöflich. Es zeigt viel eher, dass Du es ernst meinst! Es zeigt, dass Du nicht bereit bist so schnell aufgeben. Daher brauchst Du keine Angst zu haben Deine Kontakte regelmässig an Dich zu erinnern. Du sollst sie nicht zuspammen, aber eine freundliche Erinnerungsnachricht ist auf jeden Fall nützlich, wenn Du es mit Leuten zu tun hast, die ständig beschäftigt sind. Das Versenden von Updates an alle auf Deiner Mailing-Liste ist auch eine gute Idee.

  7. Du musst aktiv networken.
    Die San Francisco Community ist sehr eng vernetzt. Wenn Du Investitionen oder Ratschläge bekommen willst, solltest du bestenfalls von jemandem, der bereits in der Community bekannt ist, vorgestellt werden. Das bedeutet, dass du eine beträchtliche Zeit mit Networking verbringen wirst, indem du z.B. an Unternehmertreffen teilnimmst etc. Jeder, den Du dort triffst, kann Dich potentiell an hochkarätige Investoren weiterleiten. Man weiss nie, was letztlich herauskommt. Dies bedeutet aber auch, dass Du eine offene Persönlichkeit brauchst und nicht schüchtern im Gespräch mit Fremden sein darfst, Dein Startup immer und überall Pitchen kannst und auch im Small Talk geübt bist! Das ist etwas, das uns Europäer am Anfang schwer fällt, aber nach einiger Übung gelingt es immer natürlicher. Events in San Francisco können auf Eventbrite und Meetup gefunden werden.

  8. Wenn Du Dich Investoren nähern willst, schau Dir erst einmal ihr Portfolio an.
    Es ist immer eine gute Idee über Portfolio-Firmen Investoren zu kontaktieren, vor allem, wenn im Portfolio Firmen sind, die Ähnlichkeiten zu Deiner Idee aufweisen. Die Gründer der Startups sind viel zugänglicher und offener im Vergleich zu den Investoren, die jeden Tag Hunderte von E-Mails erhalten. Wenn Du einen Investor einfach so kontaktierst, besteht die Gefahr, dass Deine Nachricht nie gelesen wird. Eine E-Mail von einem CEOs eines Unternehmen, in das der Investor bereits investiert hat, wird aber garantiert geöffnet und gelesen. Deshalb ist es schlau sich zuerst die Portfolio-Firmen des Investors anzusehen und die Start-ups zu identifizieren, die Ähnlichkeiten zu deinem Startup ausfweisen. Du solltest zuerst diese anschreiben und sie um Rat fragen. Nachdem Du eine gute Beziehung zu ihnen aufgebaut hast, kannst du sie auch fragen, ob sie Dich ihrem Investor vorstellen können. Wenn sie Dich wirklich mögen, bieten sie es aber auch bereitwillig selbst an.

  9. Dein Pitch Deck muss «Silicon Valley-ready» sein.
    Als ich mich mit dem German Accelerator in San Francisco getroffen und erwähnt habe, dass ich ein Pitch Deck bereit zum Versenden habe, war die erste Frage: «Ist es Silicon Valley-tauglich?» Die Standards, die wir in Europa für Pitch Decks gewohnt sind, entsprechen nicht dem der Silicon-Valley-Investoren. Design, Visualisierung und Kreativität ist hier viel wichtiger in Pitches. Erfolgreiche Pitches, wie z.B. von Airbnb, sind einfach im Internet zu finden und sind gute Beispiele von dem, was hier erwartet wird. Auch ist es wichtig, dass ein US-Amerikaner über das Pitch Deck geht und sich die sprachlichen Eigenheiten anschaut. Im Pitch willst Du die gleiche Sprache wie die Investoren sprechen und das ist oft gar nicht so einfach. Wörter, die wir in der Universität lernen, passen vielleicht nicht unbedingt in diesen Kontext oder können auch missverständlich aufgefasst werden. Vor allem direkte Übersetzungen aus dem Deutschen sind gefährlich.

  10. Mach mutige und grosse Aussagen.
    Sei zuversichtlich in dem, was Du sagst. Europäer sind eher bescheiden im Vergleich zu Amerikanern. Lass am besten los von dieser Gewohnheit, so schnell Du kannst. Investoren und andere Unternehmer schenken mutigen und starken Aussagen, die von selbstbewussten und starken Persönlichkeiten kommen, mehr Aufmerksamkeit, als bescheidene und vorsichtige Leute jemals bekommen werden. Wenn Du herausstechen willst, solltest Du Dich selbstbewusst und überzeugend präsentieren können. Da in den USA alle ein wenig übertreiben, solltest du nicht der einzige bescheidene sein. Ich weiss, dass das am Anfang sehr unangenehm scheint... Europäer schämen sich für Prahlerei, hier muss man sich jedoch ein bisschen anpassen.
    Dieser Tipp muss aber mit einem guten Instinkt verwendet werden. Wenn Du das Gefühl hast, dass Demut angebracht ist, vertraue Deinem Instinkt und vergiss alles, was ich gesagt habe. In deinem Pitch Deck solltest du aber mutige Aussagen treffen und zuversichtlich wirken, vertraue mir!

  11. Beginne mit einer Zahl in Deinem Pitch.
    Grosse Zahlen garantieren Dir immer Aufmerksamkeit. Du solltest in der Lage sein, zu zeigen, dass es einen Markt für Dein Produkt gibt. Der Markt muss ausserdem wachsen und nicht stagnieren. Du solltest versuchen einen bestehenden, aber ineffizienten Markt zu erschliessen und zu verbessern. Egal wie überzeugend es auch kling, sag nicht, dass Du einen neuen Markt erschliessen willst. Neue Märkte klingen riskant und es gibt noch keinen Beweis dafür, dass der Markt auch wirklich existiert. Besser ist es einen bestehenden Markt mit grossem Potenzial zu nehmen und diesen in irgendeiner Art und Weise zu optimieren!

  12. Zeige das Potenzial des Marktes für den Investor auf.
    Dein Pitch Deck sollte mit einer Zahl, die das Potenzial des Marktes widerspiegelt beginnen. Nicht jeder Investor wird von Deiner Idee total überzeugt sein oder ein grosses Interesse an deinem spezifischen Konzept entwickeln. Aber jeder Investor wird daran interessiert sein das Marktpotenzial zu erschliessen. Nach dem du das Potenzial aufgezeigt hast, wird Deine konkrete Idee sekundär. Es spielt eigentlich keine Rolle, welche Idee du genau entwickelt hast, um den Markt zu erschliessen. Die Hauptsache ist, dass der Markt bearbeitet wird. Ich bin mir sicher, dass es Unmengen von verschiedenen Möglichkeiten gibt, wie man den Markt erschliessen kann, aber solange Deine Idee, eine geeignete Lösung für den bestehenden Markt zu sein scheint, wird es in den Augen der Investoren eine gute Idee sein. 

Laura Behrens Wu hat an der Universität St.Gallen und am Harvard College studiert. Sie ist gerade dabei, ihren Master zu beenden und hat ihren Sommer in San Francisco bei LendUp verbracht, einem YCombinator Startup, um Erfahrungen zu sammeln und für ihr eigenes Start-up, Popout, Fundraising zu betreiben. Popout ist eine e-Commerce Plattform, die Produkte mit einer Geschichte verkauft. Gleichzeitig kann auf Popout mit Social Capital bezahlt werden. Teile des Kaufpreises können mit Tweets, Shares und Likes beglichen werden. 

Bild: emmanutella / photocase.com

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